Mythos Zwangsversteigerung und was wirklich dahintersteckt
Um die Zwangsversteigerungen von Immobilien ranken sich viele Geschichten, Mythen und Halbwahrheiten. Manche halten sich nachhaltig. Als Experten für Zwangsversteigerungen und Teilungsversteigerungen klären wir die wichtigsten Fragen.
Inhaltsverzeichnis
- Wie kommt es zu einer Versteigerung?
- Freihändiger Verkauf vor dem Termin
- Besichtigung: ja oder nein?
- Wer entscheidet eigentlich über den Preis?
- Das ist die beste Vorbereitung auf den Zwangsversteigerungstermin
Wie kommt es zu einer Versteigerung?
Lassen Sie uns direkt einsteigen! Wie kommt es zu einer Zwangsversteigerung? Ganz einfach: eine mit der Immobilie verbundene Verpflichtung wird nicht gezahlt und ein Gläubiger beantragt das gesetzlich geregelte Verfahren beim Amtsgericht. Das Amtsgericht schickt einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der ein neutrales Wertgutachten erstellt.
Das dient nicht dem Verkauf der Immobilie, sondern dem Rechtspfleger – er leitet das Verfahren – den Wert der Immobilie zu bestimmen. Vom Antrag des Gläubigers bis zum Gutachten kann schnell einmal ein halbes bis zu einem Jahr vergehen. Die einzelnen Schritte sind jeweils Verwaltungsakte, die allen Beteiligten zugestellt werden und gegen die jeweils Einspruch, juristisch heißt das Rechtsbehelf, eingelegt werden kann. Sie kennen das vom Steuerbescheid oder vom „Knöllchen“. (Ich tausche gerne verständliche Begriffe gegen juristisch korrekte. Das dient der Verständlichkeit enorm).
Also: Gläubiger beantragt die Versteigerung, das Gericht beauftragt den neutralen Gutachter und setzt dann einen Zwangsversteigerungstermin fest.
Wichtig ist erst einmal das Verkehrswertgutachten. Zum einen finden Sie dort alle Unterlagen, die Sie für eine Bankfinanzierung benötigen. Ist der Banker ein Fachmann findet er dort alle notwendigen Informationen. Und dann hat der Gutachter für Sie viele Wege erledigt: er hat die Bauakte eingesehen, Katasterpläne ins Gutachten kopiert, Grundrisse und Wohn- oder Nutzflächen sind aufgeführt und Bau- oder Altlasten geprüft. Wenn Sie sich schon ein wenig auskennen, werden Sie dies zu schätzen wissen. Oft gibt es Innenfotos. Hier müssen Eigentümer oder Mieter allerdings einer Veröffentlichung zustimmen.
Was uns als vom Gläubiger beauftragter Makler manchmal wundert: der Gutachter zählt „jede geplatzte Fliese“ auf. Er kümmert sich also auch – in Grenzen – um sichtbare Schäden. Potenziale der Immobilie bleiben jedoch völlig außen vor.
Bei den von uns erstellten Verkehrswertgutachten ist das anders. Davon können Eigentümer sehr profitieren.
Freihändiger Verkauf vor dem Termin
Die meist gestellte Frage ist: kann ich die Immobilie nicht vor dem Gerichtstermin kaufen? Im Prinzip geht das natürlich. Allerdings müssen eine Menge Voraussetzungen erfüllt sein.
Zunächst muss der – oder müssen die – Eigentümer bereit sein die Immobilie zu verkaufen. Die Bank kann nicht verkaufen und zum Notar gehen. Das können nur die Eigentümer. Dann müssen alle Gläubiger zustimmen, also ihr Geld bekommen. Das geht durchaus und wir organisieren das oft. Aber eben nicht in jedem „Fall“.
Zudem ist der freihändige Verkauf garantiert nichts für „Schnäppchenjäger“, sondern für Interessenten, die oft über etwas Erfahrung verfügen und sich persönlich einbringen möchten. Denn oft ist es sinnvoll, wenn der Interessent selbst auf den Eigentümer zugeht.
Kein „Fall“ ist hier wie der andere. Also kennen Sie jetzt die richtige Antwort auf die Frage, ob die Bank verkaufen kann. Nein, der Eigentümer muss mit Ihnen zum Notar gehen, mit Ihrem Gebot einverstanden sein und dann sind immer noch eine Menge Arbeit und Verhandlungen durch uns im Hintergrund notwendig.
Lassen Sie uns ein paar Gedanken über den oder die Eigentümer machen. Es kann heute schnell gehen, dass man die Raten für den Hauskredit nicht mehr bezahlen kann. Die meisten Gründe sind Scheidung, Arbeitslosigkeit oder Krankheit. Und Hand aufs Herz: das kann jeden treffen. Immerhin waren die Menschen einmal so gestellt, dass sie das Geld von der Bank erhalten haben. Auf der anderen Seite bleibt von der ersten fehlenden Rate bis zur Zwangsversteigerung mindestens ein Jahr Zeit, aktiv zu werden und das Problem möglicherweise zu lösen. Und es ist leicht erkennbar, dass es oft Menschen in einer besonderen Drucksituation sind. Da ist es oft schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Weil das so ist, steht über dem gesamten Verfahren das Wissen des Gesetzgebers, dass es sich bei der Wohnung um einen Bereich mit besonderem Schutzbedürfnis handelt. Die Eigentümer können bei jedem einzelnen Schritt die Maßnahmen durch Rechtsbehelfe hinterfragen. Das ist auch gut so.
Besichtigung: ja oder nein?
Was ist mit einer Besichtigung? Die Eigentümer oder auch die Mieter müssen weder den Gutachter, noch mich oder Sie oder die Bank in die Räume lassen. Auch wenn vertragliche Verpflichtungen bestehen, wie zum Beispiel beim Mieter, kann diese nur vom Eigentümer durchgesetzt werden. Wir versuchen natürlich eine Besichtigung zu erreichen – mal mit Erfolg, mal ohne Erfolg.
Bleibt der Gutachter vor der Tür, dann quittiert er das oft mit deutlichen Abschlägen auf den Verkehrswert. Schauen Sie im Gutachten einmal nach, ob dies so ist oder ob der Gutachter oder die Gutachterin die Immobilie besichtigen konnte.
Wenn wir Besichtigungen anbieten können, werden wir Sie gerne einladen.
Das Gute ist, dass man an fast jedes Teil oder jeden Umstand einer Immobilie ein „Preisschild“ kleben kann: neues Bad x.000 Euro, Heizung y.000 Euro.
Wer entscheidet eigentlich über den Preis?
Wer bestimmt also den Preis, den Sie mindestens bieten müssen? Räumen wir jetzt und hier mit falschen Mythen auf! „Ab 70 Prozent oder im zweiten Termin zahle ich nur noch 50 Prozent!“ – das sagt Onkel Franz, der vor 30 Jahren einmal eine Versteigerung besucht hat.
Vergessen Sie das bitte. Für immer! Den Preis bestimmt der Gläubiger – und wenn der für eine Immobilie mit Verkehrswert von einem Euro eine Million Euro im Termin haben möchte, so kann er dies im Termin jederzeit durchsetzen. Der Gläubiger ist im Termin vertreten und Sie sollten dessen Ansage ernst nehmen. Wird dessen Vorgabe nicht erreicht, so klappt er seine Akten zu und kommt bei nächsten Termin wieder. Funfact: oft liegen die Preise im nächsten Termin über dem, was im Termin davor zu zahlen gewesen wäre.
Und genau deshalb bewerben wir die Immobilie mit dem Gebot, zu dem die Bank einen Zuschlag angekündigt hat. Warum sich eine Teilnahme dennoch lohnen kann: es gibt keine Regeln, die keine Ausnahmen kennen.
Das ist die beste Vorbereitung auf den Zwangsversteigerungstermin
Machen wir es kurz: die Formalien stehen in den Informationen, die wir unseren Interessenten neben dem Gutachten zu Verfügung stellen. Kurz gesagt: Sicherheitsleistung, gültiger Lichtbildausweis, alle, die ins Grundbuch eingetragen werden sollen, müssen da sein.
Und NEIN! Bargeld geht nicht als Sicherheitsleistung. Und das gilt seit dem „nette Herren“ mit Maschinenpistolen in einen Gerichtssaal platzten, um die Anwesenden zu bitten, das Bargeld schnell abzugeben. Da es sich bei der Immobilie um ein größeres Mehrfamilienhaus handelte, war die Beute ziemlich hoch. Da Sie diese Geschichte jetzt kennen, fragen Sie natürlich nie wieder ob Schmuck, Gold oder das Reitpferd als Sicherheitsleistung gelten könnten.
Der Rechtspfleger liest zu Beginn des Termins alle für Sie wichtigen Punkte vor. Auch, dass keine im Grundbuch eingetragenen Schulden bestehen bleiben usw. Darunter ist reichlich juristisches Kauderwelsch. Obacht aber, wenn Wohnrechte, Nießbrauch, Erbbaurecht etc. im Spiel sind. Fragen Sie lieber einmal mehr nach und so lange, bis Sie sicher sind.
Irritationen gibt es oft beim Begriff „geringstes Gebot“: hier rechnet er ein paar Summen zusammen, die dann genannt werden. Wichtig ist, dass das „geringste Gebot“ nicht zusätzlich von Ihnen gezahlt werden muss. Es ist in Ihrem Gebot enthalten. Dann eröffnet der Rechtspfleger die Bietzeit – mindestens eine halbe Stunde dauert dies und zwar so lange, bis noch Gebote zu erwarten sind. Das geht gegen Ende angemessen langsam. Erst wenn wirklich kein Gebot zu erwarten ist, ist die Versteigerung beendet.
Fast beendet. Denn jetzt wird der entscheidende Gläubiger gefragt, ob er den Zuschlag erteilen will. Reicht das Gebot, ist alles in Ordnung. Ein Euro zu wenig – und er nimmt „die Immobilie wieder mit“. Allerdings ist diese Verhandlung über den Zuschlag ein gesondertes Verfahren. Theoretisch kann der Eigentümer Widerspruch einlegen. Damm ist der Meistbietende an sein Gebt gebunden, während über den Widerspruch entschieden wird.
Wenn Sie Interesse an der Immobilie haben, nett sind, sich um die Sicherheitsleistung und die Finanzierung gekümmert haben, also das sind, was ich für einen ernsthaften Interessenten halte, dann sollten wir etwa zwei Wochen vor dem Termin ausführlich telefonieren.
Denn es gibt noch eine Menge zu wissen und einige Tricks, damit Sie der oder die sind, die am Ende den entscheidenden Euro vorne ist!
Weil es notwendig ist: diese Informationen sind nicht vollständig, juristisch unpräzise und decken selbstverständlich nicht jeden Fall und alle Möglichkeiten und Risiken ab. Sie sind nur ein kurzer subjektiver Überblick, um Sie mit dem Thema grundsätzlich vertrauter zu machen.
Wir schließen deshalb jegliche Haftung aus.
Sie können uns gerne fragen. Dafür sind wir da und werden von unserem Auftraggeber bezahlt. Der Rechtspfleger wird Ihnen ebenfalls gerne weiterhelfen und Sie haben die Möglichkeit einen versierten Rechtsanwalt zu konsultieren.